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the art of Relevance
Unsere demokratischen Gesellschaften werden von Polykrisen geschüttelt. Populistische, vereinfachende Argumente und Diskursblasen Gleichgesinnter stehen inhaltlich begründeten, nuancierten Debatten im Weg. Der Kultursektor, wichtiger denn je, sieht sich Anfeindungen und finanziellen Begehrlichkeiten ausgesetzt. Gleichzeitig muss er es schaffen, das eigene Selbstverständnis zu reflektieren und nötige Transformationen zu ermöglichen. Der Legitimationsdruck jedoch wächst: Kultureinrichtungen müssen sich gegenüber Politik, Verwaltung und Öffentlichkeit als relevant erweisen und sehen sich damit konfrontiert, dass sie nicht mehr per se als förderwürdig betrachtet werden. Stattdessen erfolgt eine Bewertung auf ihren Nutzen für gesellschaftliche Ziele, darunter sozialer Zusammenhalt, Inklusion, Gesundheitsförderung, Sicherheit, Stadtentwicklung oder touristische Pull-Faktoren.
Doch was sind in einer sich wandelnden Gesellschaft eigentlich überzeugende, gemeinsame Argumentationslinien – solche, die empirisch fundiert, fachlich belastbar, gesellschaftlich anschlussfähig und zugleich verständlich und eingängig sind? Sind es immer noch dieselben, die schon vor mehreren Jahrzehnten galten? Wie kann ich Raum für Nuancen schaffen und wieder einen echten kulturpolitischen Diskurs ermöglichen? Welche Strategien gibt es, um populistischen Argumenten entgegenzutreten? Das Fachcamp setzt genau hier an: Es schafft Raum für Austausch, kollektive Reflexion und fundierte Argumentationsentwicklung – auf Basis von Forschung, Praxiswissen und den persönlichen Erfahrungswerten der Teilnehmenden.
Die teilnehmenden Fachkräfte widmen sich gemeinsam der zentralen Frage: Wie argumentieren und überzeugen wir zielführend für die gesellschaftliche Bedeutung von Kunst, Kultur und Kultureller Bildung? Methodisch setzt das Camp auf einen Mix aus Impulsen, kollegialem Austausch, moderierten Denkprozessen und kreativen Werkstattphasen. Neben fachlichen Inputs aus kulturpolitischer und kulturwissenschaftlicher Perspektive sowie der kulturellen Praxis, werden auch die Teilnehmenden selbst mit ihren eigenen Erfahrungen, Fragen und Positionen zu aktiven Mitgestaltenden. In Kleingruppen, offenen Debatten und kollektiven Schreib- und Arbeitsprozessen wird daran gearbeitet, bestehende Argumentationsmuster zu analysieren, weiterzuentwickeln oder neu zu denken.
Das Ergebnis des Fachcamps ist nicht vorgegeben: Am Ende können die Teilnehmenden entscheiden, ob sie ein Manifest, ein Argumentations-Toolkit, ein Erklär- und Argumentationsspiel, ein Thesenpapier oder eine Handreichung für Kulturakteur_innen entwickeln möchten – oder etwas ganz anderes. Ziel ist es, gemeinsam eine fundierte und vielfältig einsetzbare Grundlage zu schaffen, auf der Kulturarbeiter_innen in ganz Deutschland aufbauen können – für mehr Relevanz, Sichtbarkeit und Überzeugungskraft im kulturpolitischen Diskurs.
Fragestellungen
• Wie können Kulturinstitutionen in Zeiten gesellschaftlicher Spannungen und finanzieller Engpässe ihre Relevanz überzeugend belegen?
• Welche Argumente funktionieren bei welchen Zielgruppen – von politischen Entscheidungsträger_innen bis zum privaten Umfeld?
• Welche Argumentationsstrategien und Kommunikationstipps bringen uns tatsächlich weiter?
• Welche empirischen Daten stehen uns zur Verfügung? Welche benötigen wir zukünftig?
• Wo widersprechen sich Argumente – und wie können wir damit umgehen?
• Was passiert, wenn ich mit inhaltlichen Argumenten nicht weiterkomme?
Bildungsziele
• Analyse und Weiterentwicklung bestehender Argumentationsmuster
• Sensibilisierung für die Wirkung und Passung von Argumenten je nach Gesprächspartner
• Einblick in aktuelle kulturpolitische Diskurse und Logiken
• Vermittlung empirischer Erkenntnisse und Studien als Argumentationsressource für den eigenen Berufsalltag
Zielgruppe
Das Fachcamp richtet sich an Mitarbeitende, die in kulturellen Einrichtungen, Kulturverwaltungen, Verbänden, freien Initiativen oder der Kulturellen Bildung tätig sind und in ihrer Praxis immer wieder mit der Frage nach der gesellschaftlichen Relevanz von Kunst und Kultur konfrontiert sind. Angesprochen sind insbesondere Personen, die Verantwortung für Öffentlichkeitsarbeit, Programmentwicklung, Fördermittelakquise oder kulturpolitische Kommunikation tragen. Willkommen sind auch alle, die in Austausch mit Politik, Verwaltung, Medien oder Förderern stehen und überzeugende Argumentationslinien entwickeln möchten – beispielsweise in ihrer Arbeit als Interessenvertreter_innen. Die Teilnehmenden sollten Lust mitbringen, ihr Erfahrungswissen zu teilen, sich auf neue Perspektiven einzulassen und gemeinsam an praxisorientierten Ergebnissen zu arbeiten. Das Camp lebt vom interdisziplinären, spartenübergreifenden Dialog und der Expertise der Teilnehmenden selbst.
Dozierende
Katherine Heid. Die studierte Psychologin begann ihre berufliche Laufbahn, nach einer ersten Tätigkeit als interkulturelle Beraterin im rumänischen Apuseni-Gebirge, am Deutsch-Französischen Jugendwerk in Paris, parallel zu Engagements im zeitgenössischen Tanz. Danach arbeitete sie für das Referat für Internationale Jugendpolitik des BMFSFJ, für IJAB (Fachstelle für internationale Jugendarbeit der BRD), sowie für das Jugenddirektorat des Europarats. Anschließend ging die gebürtige Französin mit britischem und deutschen Pass nach Brüssel und leitete sechs Jahre lang RESEO, das Europäische Netzwerk für Opern- und Tanzvermittlung und wechselte dann zu Culture Action Europe, dem europäischen Lobbyverband für Kultur. Anschließend verantwortete sie Kultur, Jugend und Soziales im Kabinett des Präsidenten des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses. Seit 2020 ist Katherine Vorständin der belgischen Kulturinstitution Flagey. 2021 arbeitete sie für die Bundesvereinigung Kulturelle Kinder- und Jugendbildung, bevor sie 2022-2024 die Geschäftsführung der Kulturpolitischen Gesellschaft übernahm. Anschließend bildete sie sich als Changemanagerin und systemische Coachin weiter und unterstützt mit ihrem Erfahrungsschatz systemische Transformation in Kultur und Politik.
Jérôme Jussef Lenzen ist Co-Programmleiter des Programmbereichs Kulturmanagement und Kulturpolitik an der Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel. Er studierte Politik- und Geschichtswissenschaften in Heidelberg und Paris und absolvierte anschließend eine Weiterbildung zum Kulturmanager in Köln. Nach einigen Jahren in Forschung und Lehre an der Universität zu Köln, folgten verschiedene Engagements und Projekte in der Freien Szene, darunter die Kuration der Ausstellungs-Reihe ‚SemiCologne‘, die künstlerische Leitung des Festivals ‚Lässez Faire Cologne‘ sowie die Durchführung der interventionistischen Ausstellung ‚Reframing Wilhelm‘.
Es folgte ein Engagement als Projektmanager für die Beethoven Jubiläums Gesellschaft mbH zur Eröffnung des Beethoven Jubiläums mit der Hauskonzert-Initiative ‚Beethoven bei uns‘. Von 2020 bis 2024 leitete er das Kulturgetriebe e.V. – Kölner Institut für Kulturarbeit und Weiterbildung als Co-Geschäftsführer. Daneben engagiert er sich kulturpolitisch, u.a. als sachkundiger Einwohner im Ausschuss für Kunst & Kultur der Stadt Köln, als Mitglied im Kunstbeirat und als Jurymitglied des Diversitätsfonds im Ministerium für Wissenschaft und Kultur. Er ist Gründer und Vorsitzender von ArtAsyl e.V. und der Audience Development Agentur Studio Audience sowie der Personalagentur ‚szene kultur management‘. Sein aktueller Arbeitsschwerpunkt liegt auf den Herausforderungen von Kulturellem Erbe und Kultureller Bildung im Kontext der postmigrantischen Gesellschaft.
Anmeldung & weitere Informationen
Es besteht eine begrenzte Anzahl an Plätzen. Die erste Anmelde-Phase schließt am 10.05.2025. Sollten Sie sich danach anmelden, können Sie über die Nachrücker_innen-Liste möglicherweiche noch einen Platz erhalten.
Die Veranstaltung findet in der Bundesakademie für Kulturelle Bildung in Wolfenbüttel statt. Eine frühere Anreise, z.B. am Tag vorher ist gegen Aufpreis möglich, sprechen Sie uns gerne darauf an.
Weitere Fragen zu Themen wie Anreise, Barriere-Situation, Förderungen und Ermäßigungen beantworten wir Ihnen auf unserer Service-Seite: www.bundesakademie.de/akademie/service/
Ansprechpartner_innen
Julia Zalewski & Jérôme Jussef Lenzen
Co-Programmleitung Kulturmanagement & Kulturpolitik
julia.zalewski@bundesakademie.de / jerome.jussef.lenzen@bundesakademie.de
Jörn G. Steinmann
Veranstaltungskoordination
joern.steinmann@bundesakademie.de