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Schwebende Zustände

Mit dem Thema unseres aktuellen 182,5 »Zustandsänderung« kennt Sophia Pompéry sich aus, denn Übergänge von einem Zustand in einen anderen spielen in ihrem Werk eine zentrale Rolle: Ein guter Anlass unsere neue Dozentin an dieser Stelle vorzustellen und mit ihr über ihre Arbeit und Möglichkeiten künstlerischer Ansätze für die Auseinandersetzung mit aktuellen Themen zu sprechen.

ba: In Ihren Arbeiten machen Sie ungewohnte Perspektiven auf Bekanntgeglaubtes sichtbar oder halten flüchtige Momente fest. Was interessiert Sie aus künstlerischer Sicht an Zustandsänderungen?
Sophia Pompéry: Ich will mit dem Betrachter in einen Dialog treten und anhand von physikalischen Phänomenen ein Spiel mit Naturgesetzen, Sehgewohnheiten und Erwartungen entstehen lassen. Im Grunde ist nicht die Zustandsänderung sondern der Stillstand der Ausnahmezustand – nicht nur in Zeiten von Covid19. Alle Dinge befinden sich stets in einem Wandel, der sich unterschiedlich schnell vollzieht. Versetzen wir die Dinge in Bewegung, ändert sich die Perspektive. Unsere bekannt geglaubte Welt steht Kopf und will neu bewertet werden. Dies ist eine Einladung und Herausforderung an den Betrachter und sagt am Ende mehr über uns selbst, als über den Gegenstand der Betrachtung aus. Es ist nicht die Zustandsänderung des Objektes, sondern die des Zuschauers, die mich interessiert.

ba: Ihre Arbeiten entstehen an der Schnittstelle von Naturwissenschaften, Philosophie und Kunst und gehen dabei nicht selten von spielerischen Versuchsanordnungen aus – was interessiert Sie an einer solchen Schnittstellenarbeit und Vorgehensweise?
Sophia Pompéry: Wir sehen uns täglich einer immensen Bilderflut ausgesetzt. Statt den Anspruch zu haben Neues zu erschaffen, sehe ich meine Aufgabe darin, genau hinzuschauen und meine Beobachtungen zu teilen. Meine Photos, Videos und Installationen, die auf physikalischen Phänomenen beruhen, entstehen ohne Bildnachbearbeitung. Während wir den hochglanzretouchierten Bildern der Werbung glauben schenken, lassen diese Fotografien daran zweifeln, ob der Schein trügt, oder vielmehr ob ein Trick selbst in Szene gesetzt ist und ob man dem Bild trauen kann. Darüber hinaus habe ich Freude daran, wenn mit möglichst einfachen Mitteln möglichst viele Assoziationsebenen entstehen, die den Betrachter auf poetische Weise tiefer in ihre persönliche Geschichte hineinziehen.

ba: In einer aktuellen Arbeit stellen Sie die Frage wieviel Meter 2°C Mee(h)r sind und greifen damit das Thema des Klimawandels auf. Welche Möglichkeiten bieten künstlerische Zugänge aus Ihrer Sicht für die Auseinandersetzung mit diesem gesellschaftlich relevanten Thema?
Sophia Pompéry:
Es wäre wunderbar, wenn Kunst die Probleme unserer Zeit lösen könnte: Dann könnten wir Krisen bewältigen, indem wir Politikern Pinsel und Stift in die Hand drücken! Kunst sensibilisiert und ist ein Spielfeld zum Erproben von Gesellschaftsentwürfen. Und: Kunst kann uns vor Augen führen, wie beschränkt, fehlerhaft und verklärt menschliche Wahrnehmung ist: Aus subjektiven Perspektive zu erfassen, welche epochalen Ausmaße die Klimakrise hat, ist existentiell, nur nahezu unmöglich. Diese Zerbrechlichkeit menschlicher Maßstäbe festzuhalten ist wichtig.

ba: Im Februar haben wir das Seminar »Schwebende Zustände« im Programm – was erwartet die Teilnehmenden?
Sophia Pompéry:
Der Workshop lädt ein, Gewohnheiten zu durchbrechen, den Dingen ihre Gewöhnlichkeit zu nehmen. An der Schnittstelle von Kunst, Physik und Philosophie transformieren wir Bekanntgeglaubtes, z.B. Haushaltsgegenstände, Landkarten und Messinstrumente in Parabeln. Es entstehen Fotografien, Objekte und Installationen, frei nach dem Leitsatz: Die Vermessung der Welt beruht auf Übereinkunft und wir nehmen uns die Freiheit, die Werkzeuge dafür zu akzeptieren oder nicht oder etwas ganz anderes damit anzustellen.

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