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Doku »Theaterprojekte mit jugendlichen Geflüchteten« 2016

Dokumentation der Tagung »Theaterprojekte mit jugendlichen Geflüchteten« | 5. & 6. November 2016

In Workshops, Vorträgen und Gesprächen gaben Expert_innen, die seit vielen Jahren mit geflüchteten jungen Menschen arbeiten, ihre Erfahrung, ihr Wissen und Know-How weiter: Wie lassen sich die didaktischen, künstlerischen und politischen Herausforderungen ihrer Arbeit meistern? Welcher Rahmenbedingungen bedarf es? Wo kann man welche Unterstützung bekommen? Anhand konkreter Beispiele aus der Praxis wurde diskutiert, welche ästhetischen Potentiale Theaterprojekte auf dem Weg zu Integration und Spracherwerb entfalten können.

Kurze Zusammenfassung der Tagungsinhalte

Allein 2015 sind rund 60.000 unbegleitete Minderjährige nach Deutschland eingereist. Kinder und heranwachsende Jugendliche, die vor Krieg und Verfolgung nach Europa geflohen und in Deutschland angekommen sind, haben die gleichen Rechte wie alle jungen Menschen. Es liegt in der gemeinsamen Verantwortlichkeit staatlicher und zivilgesellschaftlicher Akteur_innen, ihr Ankommen im Sinne der Kinder- und Jugendrechte zu gestalten und gelingende Ausgangsbedingungen für ein selbstbestimmtes Leben zu schaffen. Kulturelle Bildung ist in besonderem Maße in der Lage, Angebote für Teilhabe, Spracherwerb und Chancengerechtigkeit zu entwickeln.

Der Beratungsbedarf für alle, die in kulturellen Projekten, in der Schule und in Initiativen mit jungen Geflüchteten zusammenarbeiten, ist enorm. Die Leitenden (Lehrer_innen, Theaterpädagog_innen, Künstler_innen u.a.) sehen sich besonderen Anforderungen gegenüber: Traumatisierungen der Jugendlichen, genderspezifische Aspekte, Rechtsfragen, Herausforderung an gesellschaftliche Modelle, fehlende Familien- bzw. Beziehungsrahmen etc. Eine intensive Vernetzung mit Expert_innen unterschiedlicher Professionen ist erforderlich. Wissens-Allianzen sind gefragt. Allianzen, die das relevante und aktuelle Know-how aus den Bereichen Kultur, Theater, Bildung, Jugend, Soziales, Recht, Psychologie u.a. zusammenführen und den Theaterschaffenden zur Verfügung stellen.

Jugendliche mit Fluchterfahrung sind auch ›einfach Jugendliche‹. Junge Menschen, die Fragen und Themen beschäftigen, die sich allen Heranwachsenden stellen: Fragen nach der eigenen Rolle in der Welt, nach Gruppenzugehörigkeit(en), nach Freundschafts- und ersten Liebesbeziehungen, Gender usw. Fragen vor diesem Hintergrund stellen sich für Jugendliche mit Fluchterfahrung oft in anderer, verschärfter, manchmal existentieller Form – doch grundsätzlich teilen sie sie mit den Jugendlichen in Deutschland, denen sie im Theaterprojekt begegnen. Viele äußern dezidiert den Wunsch, nicht ›immer als Flüchtling‹ beteiligt zu werden: »We don‘t want to stick out – we want to blend in!«

Die Tagung ist von Johanna Benz mit Graphic Recording dokumentiert worden. Neben einer Auswahl ihrer Grafiken finden Sie unten stehend u.a. die Vorträge, Präsentationen und Zusammenfassungen der Workshops, sowie eine Reihe weiterer Materialien dazu.

Das Tagungsprogramm

»Ist Deutsche_r, wer in Deutschland geboren wird?« 
Ein politisches Quiz als Einstieg
Ute Handwerg, Maik Walter, Birte Werner

Das Quiz

Lösungen und Quellen

Workshop »Mit dem Theater auf dem Weg zur neuen Sprache« 
Leitung: Maik Walter

Die Jugend ist die Zeit des Übergangs: Von der Kindheit zum Erwachsenensein, eine Zeit zwischen dem »Nicht mehr« und dem »Noch nicht«. Menschen mit Fluchterfahrung müssen nicht nur ihr Eigentum zurücklassen, sondern auch die Sicherheit der sie umgebenden Muttersprache.

Die Sprache geflüchteter Jugendlicher verändert sich dabei sehr stark: Die Jugendlichen befinden sich auf dem Weg von der erworbenen Muttersprache zur neuen – zunächst fremden – Sprache Deutsch. Zunächst müssen hierbei neue Wörter und sprachliche Muster erkannt und aufgebaut werden. Dann müssen diese Strukturen auch noch gefestigt werden, bis sie flüssig produziert werden können. Wie funktioniert ein solcher Prozess, welche Rolle spielt das Alter und die Muttersprache der Jugendlichen? Und welche Rolle kann das Theater spielen? Denn darum ging es hauptsächlich im Workshop: Techniken aufzuzeigen, im Theater diesen Weg zur Sprache zu begleiten. Das Theater bietet die Möglichkeit, in fiktiven Räumen zu agieren, mit einer fremden Sprache zu handeln, Möglichkeiten auszutesten, Grenzen auszuloten, im geschützten Raum zu scheitern und wieder aufzustehen. Auch das bedeutet Erwachsenwerden im Kontext der fremden Sprache.

Im Workshop beschäftigten sich die Teilnehmenden zunächst mit den oben genannten Kernfragen, bevor sie praktische Übungen und Spiele ausprobierten, mit denen Theaterpädagog_innen diesen Spracherwerbsprozess unterstützen können.

Die komplette Tagungsdokumentation finden Sie hier.