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3 Fragen an Nora Gomringer

Wenn sie die Stimme eines lang verstorbenen Dichters hören dürfte, dann die eines der uralten Griechen oder Römer. »Am liebsten Horaz«, sagt Nora Gomringer, »das wäre für mich eine derart entrückte Situation, als würde Jesus sprechen.« Tonart und Klang von Literatur sind der Lyrikerin wichtig, und darauf weist auch prominent ein Vokaltattoo auf ihrem linken Unterarm hin. A, E, I, O und U sind bei Nora Gomringer derart verschlungen, dass sie an chinesische Schriftzeichen erinnern, und zugleich Hingucker bei einer Lyrikerin, deren Gedichte und Auftritte unter die Haut gehen. Sie hat zudem eine Gabe, Menschen miteinander ins Gespräch zu bringen, wenn es um ihre Passion geht: die Literatur und vor allem die Lyrik.

Nora Gomringer kann aber auch Prosa, und so erhielt sie 2015 den Ingeborg-Bachmann-Preis für einen Text, in dem ihre Autorenkollegin und Ex-Literaturlaborantin Nora Bossong eine Rolle spielt. Das Literatur Labor Wolfenbüttel und seine zwölf Stipendiatinnen und Stipendiaten waren auch der Grund, warum sie vier Tage lang Gast der Bundesakademie war. Am Rande des Literatur Labors stellte ihr Olaf Kutzmutz drei Fragen.

Deine Mutter hat sieben Deiner Lyrikbände lektoriert – war das stets gut für den Familienfrieden?

Ja, das kann man bei uns aushalten. Ich bin unangenehm als zu lektorierende Autorin, aber das nimmt meine Mutter hin. Natürlich gibt es bei einer gemeinsamen Arbeit an Gedichten genau jene Verwerfungen, auf die diese Frage zielt. Im Rückblick ist es jedoch in der Summe mehr Segen als Fluch füreinander.

An welchem Ort würdest Du gern auftreten mit Deiner Lyrik?

Abgesehen von den tatsächlichen Orten wie dem Literaturhaus München, das mich noch nie eingeladen hat, würde ich gern in einem der Dichterhäuser lesen. Mich hat es zum Beispiel sehr bewegt, in einem Vorort Nairobis im Haus von Karen Blixen zu stehen. Ihr Haus am Fuß der Ngong-Berge wäre ein Wunschort, um mit meinen Gedichten aufzutreten.

Schreiben und Klingen scheinen für Dich eins, wenn man Deine Gedichte liest – wer hat Dich auf diese Spur gebracht?

Bodo Hell. Der österreichische Autor hat mir zumindest das Wort für das, was ich da mache, gegeben. »Sprechtexte« heißt das bei Bodo Hell. Die Sprechtexte sind das, was mich lange begleitet, das bedeutet: Ich schreibe Gedichte und Texte, die ich Sprechtexte nenne. Wo aber liegt genau der Unterschied? Ganz einfach: Ein Gedicht hat das Auge als ersten Adressaten, der Sprechtext das Ohr.

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