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Unterwegs im Regenwald

Unsere Kollegin Franziska Schönfeld war drei Monate als Solo-Reisende in Mittelamerika unterwegs.

Im Interview mit unserer PR-Referentin Ulrike Schelling erzählt sie von ihren Erlebnissen.

Liebe Franziska, in 3 Sätzen … Was bedeutet Reisen für dich?
Mir selbst begegnen.  
Eine Art von Weite schaffen und die eigene Komfortzone verlassen.
Ein absolutes Privileg.

Nochmal ganz an den Anfang: Wie bereitet man sich auf so einen Trip vor?
Ich habe ein paar Monate Reiseblogs gelesen und dort wirklich viele praktische Tipps bekommen. Sehr hilfreich waren z.B. Packlisten und die Anschaffung von Packwürfeln, um das Gepäck möglichst gut zu organisieren.
Was Geschichten, Kulturen und die politischen Lagen der Länder angeht, habe ich einiges quergelesen: die Reiseempfehlungen des Auswärtigen Amts, den Lonely Planet aber auch Literatur von mittelamerikanischen Autor_innen.
Durch Auslandsaufenthalte in Spanien und Südamerika habe ich den Vorteil, dass ich gut spanisch spreche. Um meine Sprachkenntnisse vorab noch aufzufrischen, habe ich letztes Jahr einen einwöchigen Sprachkurs als Bildungsurlaub gemacht.

Das war es aber auch. Dann habe ich einen Flug von Berlin nach Panama Stadt gebucht und das Hostel für die ersten zwei Tage. Danach bin ich viel nach Empfehlungen anderer Reisender gegangen und habe einfach geschaut, was so passierte.

Und du warst wirklich nur mit so wenig Gepäck unterwegs?
Ja, ich fand das Leben mit Handgepäck total befreiend. In Mittelamerika kann man überall waschen und man braucht auch gar nicht so viel. Sogar das Mückennetz habe ich irgendwann verschenkt, weil überall, wo es Mücken gab, bereits ein Netz vorhanden war.

Wieviel Zeit hast du dir für die einzelnen Länder genommen?
Das war unterschiedlich, weil es eben nicht mein Anspruch war, alles von A bis Z durchzuplanen. Ich wollte da nach meinem Gefühl vor Ort gehen, nach den Leuten, die ich treffe, nach Orten, in die ich mich spontan verliebe.
Grundsätzlich waren so 2 -2,5 Wochen pro Land geplant. Was natürlich viel zu kurz ist.

Gab es auch mal Krisen?
Herausfordernd war für mich die Shuttlefahrt von León in Nicaragua nach Antigua in Guatemala. Da wird man nachts um 3:30 Uhr am Hostel abgeholt und sitzt wirklich dicht an dicht Geplant waren 18 Std., wir haben 22 Std. gebraucht. Es ist mühselig, die Grenzen zu passieren, weil manches intransparent abläuft. Mal braucht man 5 Kopien des Reisepasses oder der Impfzertifikate, mal genau abgezähltes Geld für Ein- oder Ausreisegebühren.  Meine Empfehlung wäre hierbei, sich doppelt und dreifach auf das Passieren von Grenzen vorzubereiten, damit nichts schief geht. Ich habe z.B. eine Familie getroffen, die zurückfahren musste, weil ihr Baby kein Testzertifikat hatte.

Wie war das allein reisen für dich?
In den ersten Tagen wahnsinnig aufregend. Dazu kam ja, dass ich aus dem deutschen Winter kam und mich erst an die Temperatur von ca. 35 Grad in Panama gewöhnen musste. Aber dann war es sehr entspannt für mich.  Ich habe wahnsinnig viel Unterstützung von Einheimischen und anderen Reisenden bekommen. Und unter den allein reisenden Frauen war eine große Solidarität. Es ist schön zu sehen, dass es immer mehr Frauen unterschiedlichen Alters gibt, die sich trauen, alleine die Welt zu bereisen.

Hast du dich sicher gefühlt?
Ja. Aber ich hatte auch meinen eigenen Anteil daran. Ich bin z.B. nie nachts gefahren, weil mir Einheimische aufgrund der Überfallgefahr davon abgeraten haben.

Vermisst man es nicht, z.B. mit Freunden tolle Erlebnisse zu teilen?
Ich habe natürlich digital Fotos mit meiner Familie und Freund_innen geteilt. Aber wenn du nicht in einer Phase bist, wo du alleine sein willst, dann triffst du immer Menschen, vor allem wenn du in Mehrbettzimmern, sogenannten dorms, schläfst. Ich wollte nicht den typischen Touristenurlaub machen und habe deshalb nicht in Hotels oder in Airbnbs übernachtet.

Wie haben die Länder auf dich gewirkt?
Vieles wurde einfach mit einer anderen Ruhe gemacht. Was mir wirklich auffiel war, wie stark familiäre Beziehungen im Vordergrund stehen.
Ich habe viele offene und großzügige Menschen kennengelernt, die an der Weltpolitik sehr interessiert waren.
Das Leben ist in mittelamerikanischen Ländern für viele sehr hart. So gibt es einige wenige Familien, die extrem wohlhabend sind und starken politischen Einfluss ausüben.  Zum Teil gibt es auch eine wachsende Mittelschicht. Aber die Armut ist einfach viel krasser als in Deutschland, auch der Gap zwischen vielen Menschen, die trotz mehrerer Jobs arm sind und wenigen, die ihre Kinder in US-amerikanisch geprägte Privatschulen schicken können. Ich finde es wichtig, davor als Person aus Europa beim Reisen nicht die Augen zu verschließen und sich die Relationen vor Augen zu führen. Ein Beispiel: In Nicaragua lag mein Tagesbudget bei 30 US-Dollar. Manche Einheimische verdienen 300 US-Dollar im Monat.

Hast du Kontakt zur dortigen Kulturszene gehabt?
Generell habe ich mir viele Museen angeschaut und Stadtführungen gemacht. Ganz zu Anfang meiner Reise habe ich in Boquete (Panama) eine Feria de las Flores y el café besucht, ein Fest bei dem es auch Konzerte von lokalen Musiker_innen gab.
In Guatemala habe ich Liza aus Guatemala Stadt getroffen. Liza hat als fellow des Cross Culture Programms vom ifa (Institut für Auslandsbeziehungen) drei Monate digital mit uns als ba zusammengearbeitet. Sie hat früher für einen lokalen Nachrichtensender und das Ministerium für Kultur und Sport in Guatemala gearbeitet, hat also einen guten Einblick in das Kulturleben dort. Wir kannten uns ja nur von zoom. Das war toll, plötzlich Seite an Seite mit ihr in Antigua durch die Museen zu streifen.

Gab es besondere Erlebnisse?
Besonders beeindruckt haben mich neben den Menschen die Naturerlebnisse. In Costa Rica gab es ein Regenwaldhostel, wo man die letzten 30 Minuten wirklich steil wandern musste. Und oben war wirklich nichts außer Regenwald. Ich hatte dort mal einen ganzen Nachmittag einen großen imposanten Wasserfall für mich allein. Diese Art von Natur auf mich wirken zu lassen und einfach auch zu spüren wie klein du als Mensch bist, war im besten Sinne beeindruckend. In Guatemala habe ich meinen ersten Vulkan bestiegen: den Acatenango. Er liegt direkt neben dem Volcán de Fuego, einem aktiven Vulkan, der alle 15 min ausbricht. Da wirst Du mitten in der Nacht von der Lava geweckt. Die Anstrengung des Aufstiegs, der radikale Temperaturwechsel, die Aussicht –  dieses Erlebnis zu teilen, das schweißt auch fremde Menschen zusammen.  Abgesehen von vielen anderen Erlebnissen wie das Meditieren an einem Fluss mit Bergpanaroma …

… Hör auf!

(lacht)

Wie ist es, wieder hier zu sein?
Erstmal möchte ich mich an dieser Stelle bei der ba-Leitung bedanken, die mir das unterwegs-Sein durch das Sabbatical ermöglicht hat: Großen Dank! Ich freue mich total, euch alle wiederzusehen. Es war gut, nicht sofort zu 100 % wieder einzusteigen und die E-Mail-Flut auf ein paar Tage zu verteilen. Ich habe das Glück, dass mich meine tollen Kolleginnen vertreten haben. Den PIN von meinem Diensthandy hatte ich aber direkt vergessen (lacht).
Von der Reise nehme ich die Erkenntnis mit, stärker im Moment zu sein, das versuche ich jetzt in meinen Alltag einzubauen.

Kommentare (1)

  • Susanne

    at 31.05.2022
    Schade, dass man nicht umweltfreundlicher dorthin reisen kann - sonst sehr schön.

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