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Bundesverdienstkreuz für Dr. Karl Ermert

»Kultur ist das, was den Menschen zum Menschen macht«

Ein Interview mit Dr. Karl Ermert, dem ehemaligen Direktor der Bundesakademie, der Ende Oktober mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde.

ba: Herr Ermert, herzlichen Glückwunsch! Wie fühlt man sich, wenn man so eine Auszeichnung bekommt?
Karl Ermert: Die Nachricht kam ja ganz überraschend. Aber natürlich fühlt sich sowas gut an. Es ist eine Bestätigung dafür, dass man offenbar nicht alles falsch gemacht hat im Leben.
ba: Hat es einen Ehrenplatz in Ihrer Wohnung?
Karl Ermert: Natürlich – in einer wunderbaren Schublade in meinem Schreibtisch.
ba: Seit vielen Jahren engagieren Sie sich ehrenamtlich und zwar nicht nur im kulturellen Bereich, sondern auch in Politik und Kirche – sowohl in Wolfenbüttel als auch bundesweit. In der Laudatio zur Verleihung heißt es, dass Sie »den Gemeinsinn fördern und die Zivilgesellschaft durch die Kraft der Kultur stärken«. Was bedeutet das Ehrenamt für Sie?
Karl Ermert: Ich habe mich, soweit ich mich zurückerinnern kann, immer für gesellschaftliche und politische Fragen und Entwicklungen interessiert. Dieses Interesse konnte ich in die beruflichen Positionen einbringen, die ich hatte, aber auch in die freiwillig gemeinnützigen und ehrenamtlichen Aufgaben und Funktionen, die mir angetragen wurden. Man lernt immer auch neue »Welten« kennen. Es macht Spaß etwas zu bewirken, das man auch selbst für sinnvoll hält. Und davon kann man ja eigentlich nie genug haben, auch wenn ich feststelle, dass das »genug« für manche sehr viel früher kommt als bei anderen. Ich gehöre eher zu den anderen.
ba: Sie haben so viele Funktionen und Ämter ausgefüllt, dass wir nicht alle aufzählen wollen, sondern nur zwei herausgreifen: Von 1999 bis 2011 waren Sie Direktor der Bundesakademie, von 2012 bis 2018 Bundesvorsitzender des Arbeitskreises Musik in der Jugend. Woher kommt Ihre Begeisterung für die Kultur?
Karl Ermert: Kultur, gerade im Sinne der Künste, ist nicht nur aus historischen und theoretischen Überlegungen das, was den Menschen zum Menschen macht, sondern das bringt – für den einen mehr, für den anderen weniger – Glücksmomente ins Leben. Wie sehr, merken wir gerade jetzt, wo wir durch die Corona-Seuche darauf jedenfalls im öffentlichen Raum verzichten müssen. Ich wollte immer gerne viel davon haben.
Von dem, was Sie erwähnen, war die Leitung der Bundesakademie auch ehrenvoll, aber Beruf. Trotzdem war das großartig. Ich konnte mithelfen, ihr die Anerkennung zu erarbeiten, die sie als notwendige und sinnvolle Institution der Fort- und Weiterbildung für die Professionalisierung von Kulturvermittlung und –produktion verdient. Und das ist auch gelungen. Der Bundesvorsitz beim AMJ war dagegen ein klassisches Ehrenamt, das ich nachberuflich hatte (was mir ohne die vorherige „Bewährung“ bei der Bundesakademie wohl auch nicht angetragen worden wäre). Verbandsmanagementaufgaben sind nicht durchgängig vergnügungssteuerpflichtig. Aber gerade in dieser Funktion – in einem Musikverband, der sich als Ermöglicher musikalisch-kultureller Bildung und Begegnung für junge Menschen versteht – habe ich auch für mich unglaublich viel gelernt. Über Musik, über Musiker und ihre besonderen Fähigkeiten und Eigen- Arten, speziell über Chormusik (die auch mein Hobby war und ist). Ich habe praktisch gesehen und erfahren, dass Musik glücklich machen kann, vor allem wenn man sie selbst ausübt. Das zu unterstützen, war eine sehr befriedigende Aufgabe.
ba: Eine Untersuchung des Department of Behavioural Science and Health des University College London hat 2020 herausgefunden, dass Menschen, die regelmäßig Museen, Bühnen, Konzerte und Galerien besuchen, länger leben. Können Sie sich das vorstellen?
Karl Ermert: Als Kulturmensch möchte ich mir das natürlich gerne vorstellen – und für mich selbst auch wünschen. Als alter Statistiker sage ich aber mal, da würde ich gerne genauer hinsehen. Erfahrungsgemäß gehören zu den regelmäßigen Besuchern von Museen, Bühnen, Konzerte und Galerien weit überproportional die Gebildeteren und ökonomisch und sozial besser Gestellten. Und statistisch ist nun wirklich bewiesen, dass diese länger leben als die anderen. Ein klassisches Henne-Ei-Dilemma in der Statistik. Aber vielleicht haben die Briten das ja jetzt zugunsten der Kultur gelöst.
ba: Bei so viel Engagement interessiert uns: Was machen Sie zur Entspannung?
Karl Ermert: Begegnungen mit lieben Menschen. Davon kann man nie genug haben. Die Spaziergänge mit unserem Hund sind auch nicht zu verachten. Tennis. Und natürlich Kultur. Vor allem Fotografieren, Musik (als schlichter Chorsänger, der aber derzeit darbt) und Literatur (aber nur lesen, nicht selbst schreiben).

Karl Ermert, geb. 1946, studierte Germanistik, Geschichte und Erziehungswissenschaften auf Lehramt an den Universitäten Marburg und Trier. In Trier promovierte er 1978 im Fach Germanistische Linguistik mit einer textsortentheoretischen Untersuchung zum Brief als Kommunikationsform zum Dr. phil. Nach beruflichen Stationen als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fach Germanistische Linguistik an der Universität Trier (1973-77), als Studienleiter für Kultur- und Bildungspolitik der Ev. Akademie Loccum (1977-93) und als Leiter des Arbeitsbereichs Hochschule – Forschung – Kultur des Instituts für Entwicklungsplanung und Strukturforschung GmbH an der Universität Hannover (1994-99) leitete er von 1999 bis 2011 die Bundesakademie für Kulturelle Bildung Wolfenbüttel. Von 2012 bis 2018 arbeitete er ehrenamtlich als Bundesvorsitzender des Arbeitskreises Musik in der Jugend e. V. Zur Biografie gehören zahlreiche weitere freiwillig-gemeinnützige bzw. ehrenamtliche Funktionen.
Ermert ist verheiratet und hat zwei Söhne und zwei Enkelinnen.

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